Es gibt Tage, die sind nicht nur gut, die sind schlichtweg „cool“. Heute war so einer …
Trend One bot mit seinem „Sample Day 2016“ viele Impulse und Optionen, um Zukunftstechnik selber mal in die Hand zu nehmen und auszuprobieren. Von diversen Robotern bis hin zu verschieden VR-Brillen wurde einiges geboten, bspw. ein virtuelles Probesitzen im Sportwagen. Vor der Haustür in der Real-World hielt Tesla dann mit seinem neuen SUV dagegen. Extrem beeindruckend war aber die real analoge Erkundung des Apartimentum Hamburg, inkl. persönlicher Führung des Hausherren Lars Hinrichs. Das Apartimentum darf getrost als Realität gewordene Vision eines neuen Wohnen und Arbeiten für global agierende „Digitale Nomaden“ bezeichnet werden.
Wenn ein digitaler Pionier und „Homo Digitalis“ zum Bauherren und Vermieter wird, darf man sich nicht wundern, auf das völlige Gegenstück eines 08/15 Projektentwicklers oder Vermieters zu treffen, der ausschließlich auf Quadratmeter fokussiert ist, um schnelle Rendite zu generieren. Ein Bauherr wie Lars Hinrichs (Gründer von XING) geht mit seinen permanenten Visionen zum Glück nicht zum Arzt, sondern zum Architekten seiner Wahl. „Lebensqualität in Kubikmetern“ kreieren und eine ganz neue Welt des Wohnen, Arbeiten und Leben zu erschaffen lautet sein aktueller (skalierbarer) Gedankenfokus …

Nun kann man unter Lebensqualität viel verstehen, für Hinrichs ist die Definition, in einer digitalen, globalen Welt den dort lebenden und arbeiten „Digitalen Nomaden“ (die mit Geld) eine adäquate Heimat zu geben. Motto: Sofort ankommen, sofort leben, sofort zu Hause sein …
So etwas bedeutet natürlich nicht allein, eine exorbitant gute Lage in Nähe der Alster, inklusive fußläufig allerbester Infrastruktur, sowie einer repräsentativen Bauqualität die nichts zu wünschen übrig lässt. Das findet man in Hamburg durchaus öfters … Das ein großes Mietshaus mit 175.000 Litern Eis geheizt (und gekühlt) wird, ist da schon eher ein Novum. Auch leistungsstarke Ladestationen für Elektrofahrzeuge dürften sich zur Zeit eher selten in Garagen von Mietshäusern finden. Ein Fahrstuhl der merkt, dass man mit dem Auto bald nach Hause kommt und einen dann in der Garage erwartet ist dann schon etwas „extraordinär“ … Etablierte „Digitale Nomaden“ wollen aber weit mehr und ein Umfeld genießen, in dass sie sich emotional, technologisch und funktional andocken können. Es geht um exzellente Vernetzung und absolute Connectivity, welches dem globalen Akteur von heute nun mal zu eigen ist. So versteht es sich von selbst, dass dieses Haus zwar noch Schlösser hat, aber eben keine Schlüssel mehr. Die Türen selbst sind per IP mit der Cloud vernetzt, um weiteren Service zu bieten. Eine Notwendigkeit, die den Handwerkern, welche die Ethernetkabel zu den Türen verlegen sollten, erst einmal nicht unverzüglich einleuchtetet und gewisse Abwehrreflexe bei ihnen auslöste (Wie an so vielen anderen Tagen und Stellen im Hause gleichermaßen). Aber welcher smarte Bewohner möchte schon, Freunde und Gäste die vor der Tür stehen, dort stehen und warten lassen, nur weil man mit seinem Tesla oder i3 noch im Stau steckt? Übrigens: Für den Paketboten gibt es eine andere „smarte“ Lösung.

Selbstverständlich verfügt das Haus über ein eigenes 4G-Mobil-Netz und die Bandbreiten beim „festen“ Internetzugang liegen dann doch um ein Vielfaches höher, als bei den von der Telekom hoch gepriesenen 50 Mbit „Highspeed“ … Mag sein, dass sich nun einige Leser fragen, wofür man Gigabit-Netze den Bitteschön benötigt, aber – sorry – damit verraten sie nur, dass sie die persönliche „Digitale Transformation“ noch nicht vollständig durchlaufen haben. Wer heute noch Wohnungen und Häuser mit Kupferkabel oder TV-Kabel baut, weis wenig von der „in Kürze beginnenden Gegenwart.“ ,-)
Was mir am besten gefiel war die Aussage, dass die klassischen Protokolle und Standards der Hausautomation wie bspw. KNX, ZigBee, etc. keine zukunftsfesten Lösungen mehr darstellen, sondern allein IP und Cloud in Verbindungen mit Services wie IFTTT. Klingt harmlos, ist aber eine ziemlich radikale These, gegen die sich viele etablierte Hersteller von Hausautomation heftig wehren dürften, da sie deren Existenz bedroht. Schon allein mit seiner rein auf IP und Cloud basierenden Technik, stellt das Apartimentum durchaus eine „disruptives Modell“ für herkömmliche Immobilien-Lösungen dar. IP und Cloud stellen zudem die wirklich (!) „sichere“ Basis, um völlig unterschiedliche Anbieter von Smart-Home Technik und Geräten einheitlich zu managen (solange die Passworte nicht 12345 lauten). Meta-Apps und Plattformen wie bspw. Apple-Home, Google-Nest oder Amazon geben dem „Digitalen Nomaden“ zudem die global einheitliche und gewohnte Benutzeroberflächen, die er eh auf seinen mobilen Geräten hat und nutzt. Intelligente Sprachsteuerung inklusive … Die Anwendungsszenarien sind geradezu grenzenlos (siehe IFTTT). Natürlich muss der Bewohner nicht zwingend sein eigenes Device nutzen, sonder kann auch auf die bereit gestellten Tablets der Wohnung zugreifen. Ging mir alles runter wie Öl, was der Hausherr da so sagte, da ich zu dem Thema vor kurzem eine heftige Diskussion mit einem eher konservativ denkenden Facility-Manager hatte, der ganz anderer Meinung war als ich und ich genau die hier genannte Strategie vertrat. Zukunft muss man halt denken und sehen können und auch wollen :-).
Dem Bewohner stellt sich im Alltag natürlich die praktische Frage, ob man den ganz Tag irgend ein smartes Licht, die Heizung, das Wasser „programmieren“ muss, statt einfach einen Schalter zu betätigen. Der Ansatz im Apartimentum ist allerdings ein anderer: Zum einen gibt es sehr wohl noch an vielen Stellen den gewohnten Schalter, zum anderen kommt in der Basis dem Begriff „default“ eine besondere Bedeutung zu. Mit anderen Worten: Zunächst einmal bietet der Vermieter ein (oder mehrere) Schalt-Szenarien als Basis an, die den meisten Bewohnern genügt. Als Beispiel stelle man sich Temperaturregelungen, die Steuerungen der Lichtfarbe über den Tag hinweg vor oder den aktivierten Bewegungsmelder für das Licht in der Nacht. Dem Bewohner selbst obliegt es, diese Basiskonfigurationen nach seinen Vorstellungen „grundsätzlich“ oder auch „sporadisch“ anzupassen. So und über andere Wege lernt die Wohnung und das Haus die Gewohnheiten und Marotten seiner „Mieter“ kennen und passt sich dem an. IP und Cloud bedeutet selbstverständlich auch die Option verbesserter Services, durch Haus-Techniker, Hausmanager, oder M2M, etc.

Apartimentum bedeutet nicht nur smarte Vernetzung und Services, sondern auch zu wissen, wo sich heute Arbeitsformen und -welten hinbewegen. Folglich finden sich im Erdgeschoss ein CoWorkSpace, der sich durch seine modularen Möbel (Hack by Vitra) schwuppdiwupp in ein temporäres Veranstaltungsumfeld umbauen lässt. Was den CoWorkSpaces das interne Café oder die Gemeinschaftsküche ist, ist dem Apartimentum das integrierte Deli, das Abends zur Bar wird. Der „Digitale Nomade“ kommt also nicht nur „zu Hause an“, sondern an einem seiner „gewohnten“ Arbeitsplätze (wenn er denn möchte), versehen mit der Option, weiterer Vernetzung und Inspiration.

Fazit: Ein unglaublich gut durchdachtes Immobilienkonzept, eines „Digitalen Nomaden“ für „Digitale Nomaden“. Es macht großen Spass zu sehen, dass es nicht nur um Rendite, sondern auch um Leidenschaft und Langfristigkeit geht. Allerdings, … es bedarf potenter Mieter, denn mtl. 4.000 € oder gar 11.000 € als „Wohn-Flatrate“ für die große Dachwohnung, brauchen diese nicht nur Zahlungswille, sondern auch Zahlungsfähigkeit. Das bisher – und noch ist`s nicht fertig – schon gut 2.500 Interessierte durch das Objekt gewandelt sind, zeigt was hier geboten wird und das großes Interesse.
Übrigens: Lars Hinrich ist für mich die beste Mischung aus Nerd und Hamburger Kaufmann, die ich je kenne gelernt habe. Ein unglaublich smarter, gelassener, ruhiger, lockerer und authentischer Mensch. Sehr angenehm, sollte es mehr von geben …
PS. Als Mieter bin ich persönlich eher nicht für das Apartimentum geeignet. Als begeisterter CoWorker freue ich mich über die neue Option in meiner Nähe und der Alster. Man sieht sich, … im Erdgeschoss, bei der Arbeit oder im Deli :-)